Imre Vass: Warum hast du dich der Gruppe Wim Vandekeybus, zu Ultima Vez als Gasttänzer angeschlossen?
Als ich das erste Mal die Hompage der Gruppe gelesen und den Trail zum Tanzfilm Blush gesehen habe, war ich sofort begeistert.
- Die paar Minuten waren ausschlaggebend?
- Das waren ca. 2 gute Minuten und 15 Sekunden.
- Kann ich eigentlich verstehen. Auf mich hatte ihr Tanzfilm Here After auch eine sehr starke Wirkung.
- Mir hat dieser wilde, elementare, alles überbietende Schwung, der charakteristisch für sie ist, gefallen und natürlich auch, dass im Ensemble eher die Männerenergien und- qualitäten dominieren. Ihnen gefiel an mir auch, dass ich die Charakterzüge der anderen Seite vertrete. Im letzten Jahr ging im Ensemble ein Generationswechsel vorsich, viele junge Tänzer wurden aufgenommen, so kam auch ich zusammen mit Máté Mészáros zur Truppe.
- Zu Hause ging es Dir auch nicht schlecht. Du hast zusammen mit Adrienn Hód in interessanten Stücken gearbeitet, bist mit Réka Szabó aufgetreten, auch deine eigene Choreographie ist gut gelungen. Was hat dir also gefehlt?
- Das Abenteuer. Ich halte mich für einen jungen, energischen Menschen voller Lebenskraft, wollte gern etwas von der Welt sehen und mich nur mit dem Tanz beschäftigen. Wenn man sich auf die eigene Karriere konzentriert, so entzieht das dem Tanz eine Menge Energie: Promotion, Ausschreibungen, Selbstmanagement, ich wollte meine Energie nicht dafür aufwenden. Im Ensemble Ultima Vez muss man sich nur auf die Arbeit konzentrieren. Ich habe ziemlich spät mit vierundzwanzig zu tanzen begonnen. Ich bin kein Universaltänzer, aber es passt zu mir, was ich gerade mache. Meine jetzige Lebenssituation ist eine ideale Basis zur Lösung meiner physischen Grenzen und zur Erweiterung meines Bewusstseins. Das ist das Allerwichtigste. .
- Die Stücke von Wim Vandekeybus scheinen sehr risikoreich.
- Ja, sogar mehrfach. Wim erzählte, als vor mehr als zwanzig Jahren die erste Ultima Vez-Vorstellung in New Yorkban lief, wurde der "radikal neue Tanzstil" mit brausendem Erfolg gefeiert. In Brasilien lehnte man ihn völlig ab und baten darum, dass Wandekeybus.nie wieder dorthin kommen sollte.
- Die Tänzer gehen ständig gegeneinander an, so, als wenn sie sich schlagen würden, Gegenstände fallen herunter.... das ist vielleicht auch gefährlich.
- Das ist gefährlich, jedoch kontrolliert und koreografiert. Diese Art Risiko passt zu mir, es ist für mich typisch, dass mich Krisztián Peer auf der Sziget so vorgestellt hat , dass ich der Tänzer bin, der am wenigsten Angst um seinen Körper hat.
- Stimmt das?
- Seitdem habe ich in Brüssel viel verrücktere Tänzer getroffen als ich es bin. Aber grundsätzlich verstehe ich diese Welt, von der Wim spricht, ich kann gut kommunizieren. Für mich ist zum Beispiel auch der Tod eine sehr wichtige Sache, verstehe allerdings darunter in erster Linie das Loslassen, die Lösung des krampfhaften Festhaltens und die Geburt neuer Möglichkeiten.
- Was sagst du zu der Live-Musik bei den Vorstellungen, zu Woven Hand uder dEUs?
- Ich mag beide. Das letzte Konzert von Woven Hand auf der Sziget zusammen mit Muzsikás war ein besonderes Erlebnis, denn auch Zoltán Farkas "Batyu" war bei ihnen, der mein Volkstanzlehrer war. Es war überwältigend die Verflechtung meiner Wurzeln zu sehen.
- Ich war auch bei dem Konzert. Seitdem habe ich auch etwas von dEUs gehört, mit denen ihr jetzt im Stück nieuwZwart zusammenarbeitet. Es hat mir gefallen, ich vermisste nur die brutale Kraft, die in Woven Hand steckt.
- Nicht erschrecken, es wird ein Konzerterlebnis. Einige werden auch Ohrstöpsel brauchen. Von unserem Standpunkt aus ist die Live-Musik sehr gut, das bringt viel Energie und Freiheit. Die Jungs improvisieren auch gern. Z.B. in der einen Szene, als wir am Rande der totalen Erschöpfung und körperlichen Vernichtung lavieren, spielen sie meine Lieblingsnummer ?She's Lost Controlt? von Joy Division. Das hilft dann über den Todpunkt hinweg.
- Sind dann alle Tänzer aufeinander angewiesen?
- Es gibt auch viele unabhängige Teile, aber bei den gemeinsamen Tanzszenen kann man schon bei der ersten Berührung spüren, in welchem Zustand der Andere ist, ob er gerade voll mit Energie ist oder vielleicht müde. Es ist eine empfindliche Angelegenheit, wer gerade in was für einem Zustand ist, dadurch wird die Vorstellung gestaltet.
- Und was ist mit deinem ironischerem ICH, das du in deinem eigenen Solo gezeigt hast? Fehlt das nicht ?
- In den Stücken von Ultima Vez gibt es auch Humor. Im Übrigen was auf der Bühne zu sehen sein wird, das hängt zu 91% von uns Tänzern ab, auf der Bühne ist zu sehen, wie wir uns eingeben. Neben der Arbeit in der Gruppe arbeite ich auch an der Entfaltung eigener Ideen. Jetzt interessieren mich Schreiben, Theater und Musik. Das Wichtigste ist, dass ich von meiner Kreativität leben möchte.