Bálint Szabó: Doppelt gespalten

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Dirigent Fischer bezeichnet Bartóks einzige Oper als eine psychologische Herausforderung. Die Möglichkeiten der Interpretation werden anhand zweier Aufführungen hintereinander demonstriert. Die Idee dahinter, so Fischer, dass man der Oper durch die doppelte Aufführung eine weitere Dimension hinzufügen kann. Es sei so, wie ein Buch nochmals zu lesen und dabei neue Details zu entdecken, die unserem Bild neue Perspektiven geben. Die Regie besorgt diesmal der Salzburger Regisseur Hartmut Schörghofer, der, hauptsächlich in Österreich, bereits zahlreiche Arbeiten vorweisen kann. Die musikalische Leitung übernimmt Ádám Fischer. In der Titelrolle tritt der rumänisch-ungarische Bass Bálint Szabó an, die Judith wird von Viktória Vizin gesungen, die sich in Amerika schon einen Namen gemacht hat, an Covent Garden in London engagiert war und sich derzeit auf ihr Met-Debüt vorbereitet.

 
Die Idee zur Doppelinszenierung hatte Fischer bereits vor 30 mit dem Regisseur Herbert Wernicke an der Hamburger Oper, besser gesagt, in einer Pizzeria gegenüber der Oper, so Fischer. Die unterschiedlichen Karrierewege beider verhinderten jedoch zunächst eine Umsetzung. Wernicke brachte das Experiment dann Ende der Achtziger in Amsterdam und Frankfurt auf die Bühnen. Auch in Budapest stellte sich die Frage, ob es möglich sei, den Beziehungs- und Egokonflikt der Protagonisten jeweils aus der Sicht des Einzelnen darzustellen. Doch, und dies sei eine Wahrheit, die für alle großen Opernfiguren und Opernwerke gilt, für eine Schwarz-Weiß-Malerei sind sowohl die Charaktere zu Komplex als auch die Ausarbeitung Bartóks.
 
Bartóks Oper war bereits 1911 fertig gestellt, erlebte etliche Umarbeitungen und wurde erst 1918 uraufgeführt. Daran war u.a. die zeitweise Schließung des Hauses im Ersten Weltkrieg schuld, aber auch der Widerstand der reaktionären Opernführung. Das Libretto stammte von Béla Balázs, einem bedeutenden Ästhetiker, Autor, Librettisten und Begründer der modernen Filmtheorie, der, ein Mitstreiter von Georg Lukács, auch für die Räterepublik kämpfte. Obwohl Bartók selbst als der wohl wichtigste ungarische Komponist gelten kann (nicht nur des 20. Jh.) eignet sich seine Oper, für die Ungarn leider, überhaupt nicht zur Nationaloper.
 
Dennoch gibt es angestrengte Abhandlungen darüber, wie ungarisch der Blaubart nun sei und man will über die Jahrzehnte doch Spuren entdeckt haben, die genuin ungarisch sind. Das ist schon in sofern ein kompletter Unsinn, weil man bis heute, trotz Kodály und Bartók, immer noch nicht so richtig sagen kann, was überhaupt ursprüngliche ungarische Musik ist, einfach deshalb, weil man diesen Ursprung weder datieren noch lokalisieren kann. Bartók selbst legte Wert darauf, dass man seine Forschungen um die Volksmusik nicht mit seinen Kompositionen vermischte. Sie bedingten sich zwar immer wieder, doch im Blaubart war er ganz Moderne. Wie auch immer, es soll den Ungarn genügen, dass der Ungar Bartók eine großartige, schwierige, dramatisch immer wieder aufregende Oper komponierte. Gedankt hat man es ihm nicht. Er ging 1940, in der Zeit des Hungarofaschismus ins Exil und starb 1945 in New York an Leukämie.